Kithnos, Siphnos

Seit drei Wochen beäugen wir argwöhnisch den Wetterbericht für die Ägäis und sehen immer das Gleiche: Oben vom Bosporus bis fast nach Kreta runter zieht sich ein Windkanal mit konstant 6, 7 und 8 Windstärken. Stabiles Windsystem, heißt Etesien oder Meltemi. Um weiter nach Osten zu kommen, müssen wir da mitten durch. Da auch für die Zukunft keine Änderung angekündigt wird, brechen wir von Poros nach Kithnos auf. Windstärke 7 war angesagt und Windstärke 7 haben wir gekriegt. Bis zu der kahlen Felseninsel Georgios ging’s noch, da waren wir ein bisschen in der Windabschattung anderer Inseln. Danach ging’s aber richtig zur Sache. Uns fehlt vielleicht noch die Erfahrung, aber wir wurden doch beide etwas blass und still. Die See war unglaublich konfus, kaum ein Wellensystem zu erkennen. Wellenhöhe konstant zwei bis drei Meter, einige Prachtburschen mit vier waren auch dabei. Plötzlich tun sich direkt neben dem Boot tiefe Löcher auf, im nächsten Augenblick wabert ein sich brechender Wellenkamm zwei Meter über dem Horizont und scheint sich ins Cockpit stürzen zu wollen, um dann doch unter dem Boot durchzuschlüpfen und sich grollend davonzuschleichen. Rover beschleunigt teilweise auf über 8 kn mit Minimalbesegelung, reckt den Bug steil in die Höhe, um sich kurz darauf in die See zu bohren. Unter Deck erzeugen unbekannte fliegende Objekte krachende Geräusche. So geht es mehrere Stunden, bis wir die 47 Meilen nach Kithnos geschafft haben. Kein Schaden entstanden, alles perfectly safe. In der Ankerbucht brauchen wir fünf Anläufe, bis der Anker sicher sitzt. Das ist wichtig, weil sich alle Viertelstunde wütende Sturmböen in die Bucht werfen und das Schiff an der Kette hin und her zerren. Nachts ist es ein bisschen ruhiger, aber mit Sonnenaufgang geht der Tanz weiter. Wir brechen auf nach Siphnos, weil wir hier nicht bleiben wollen. Die 35 Meilen in die Bucht von Vathi sind eine Wiederholung des Vortages, aber wir sind etwas ruhiger und haben noch weniger Segel oben. Werden wir zu langsam, weil der Wind Luft holt, nehmen wir die Maschine dazu. Ausreffen verbietet sich, weil die Böen kommen, als ob ein Schalter umgelegt wird. Eine Riesenhilfe ist der elektrohydraulische Autopilot „Robertson", der uns praktisch die gesamte Arbeit des Steuerns abnimmt. So laufen wir abends in die Vathi-Bucht von Siphnos ein. Sehr idyllisch, keine Frage. Auch vor den Wellen sind wir gut geschützt. Nicht aber vor dem Wind, der unablässig mit etwa 6 Beaufort am Schiff und unseren Nerven zerrt. Trotzdem werden wir gleich versuchen, mit dem Beiboot an Land zu kommen, da unsere Vorräte ergänzt werden müssen. – Später: salzverkrustet aber heil am Strand angekommen, ist man in einer anderen Welt: Hier fächelt der Meltemi als angenehm kühlende Brise durch die Tavernagärten, Kinder plantschen, man geht dem Bräunungsgeschäft nach. Vathi ist eine reine Feriensiedlung, aber schöne griechische Idylle. Wer aus dem deutschen Sommer weg und sich mal richtig durchglühen lassen will: hier ist sein Ziel!

Video Meltemi-Fahrt:

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Kommentare: 2
  • #1

    franz (Freitag, 26 August 2011 17:11)

    na grüß gott.... das video ist ja furchteinflössend. zu sehen dass ihr da schon mit rettungsweste ausgestattet seid. ich dachte griechenland ist in jeder hinsicht nett freundlich lieblich einladend....
    alles gute für diese herausforderungen. und lasst euch durch die vielen schönen aspekte wieder drüber hinwegtrösten - die anderen bilder deuten darauf hin.
    lieben gruß
    franz

  • #2

    Lorenz und Sabine (Sonntag, 28 August 2011 12:41)

    Der Meltemi meint es wohl diesmal ernst. Aber Ihr scheint ja die Herausforderung anzunehmen und zu meistern. Tröstet Euch, dass Ihr nicht das Dauerregenwetter und den grauen Himmel im Norden ertragen müsst. Die Fotos sind ja wieder toll, besonders von der schönen Kirche auf Siphnos. jetzt, wo wir schon wieder bis über beide Ohren im Schulalltag stecken, betrachten wir die Bilder schon mit einer gewissen Wehmut. Lasst Euch nicht wegwehen und weiterhin gute Fahrt wünschen Euchdie Marysoler

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