Paros, Schinoussa

Seit Tagen machen wir nur noch „Sturmfahrten". Wir bewegen uns immer noch in dem Meltemi-Windkanal, der seit Wochen konstant mit 6 bis 8 Windstärken aufwartet. Französische Mitsegler mit funktionierendem Windmesser berichteten von 35 bis 45 Knoten Wind (8 bis 9 Beaufort). Fast könnte man sich daran gewöhnen, wenn es zum einen nicht so unbequem wäre, stundenlang geschleudert zu werden, und wenn man zum anderen nachts Ruhe in einem sicheren Ankerplatz oder Hafen finden würde. Solche Plätze gibt es aber hier praktisch nicht. Alle Buchten und Häfen werden nachts von heftigsten Böen heimgesucht, so dass man wegen Adrenalinüberschuss nicht schlafen kann und Angst hat, dass der Anker ausreißt. In Vathi auf Siphnos brachten wir ganz schlau und nach Lehrbuch einen zweiten Anker aus, mit dem Erfolg, dass sich am nächsten Morgen der Zweitanker so in der Kette des ersten verheddert hatte, dass dieser drohte, ausgebrochen zu werden. Die Gesamtkonstellation ließ nur noch den Einsatz unserer Wunderwaffe zu: Die Tauchklamotten wurden rausgesucht und nach bestem Wissen zusammengeschraubt und ab ging’s auf 7 m Tiefe. Alles ging gut und die nächste Sturmnacht überstanden wir mit nur einem Anker. Heute düsten wir weiter von Paros Richtung Amorgos mit dem zweiten Reff im Groß und einem Handtuch von Vorsegel, ständig zwischen 6 und 7 Knoten, in Landnähe frischte der Wind gern noch ein bisschen auf. In so einem Augenblick südlich Naxos, mit der Leekante im Wasser, fiel unser kürzlich gelobte Autopilot aus. Nun wurde es brenzlig. Von Hand war der Amwindkurs in dieser konfusen See kaum zu halten. Also fielen wir ab vor den Wind und liefen die Insel Schinoussa als „Nothafen" an. Minuten später fanden wir uns in einem friedlichen windstillen Becken wieder, wo wir in aller Ruhe mit Buganker rückwärts an eine fast leere Pier gehen konnten. Der plötzliche Gegensatz war überwältigend. Selbst der Autopilot hatte ein Einsehen und funktionierte wieder. Auch nachts soll es hier angeblich keine Windtumulte geben. Ich denke, wir werden hier ein bisschen unsere Wunden lecken. Abends gibt’s auch noch Hafenkino vom Feinsten, als mehrere Chartercrews ihre Anlegeangriffe fahren.

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Kommentare: 4
  • #1

    Inge (Montag, 29 August 2011 00:50)

    ...das hört sich nicht so gemütlich an. Ein paar Tage in einem ruhigen Hafen wäre sicher gut, oder müsst Ihr bald weiter? Bis Kos ist ja noch eine längere Strecke.
    Wie ist das in dieser Inselwelt mit der Navigation? Mit GPS oder oder selbst Kurs und Abstand ausrechnen? Gibt es auch Untiefen oder kann man bis dicht unter Land.
    Etwas komfortableres Segeln wünscht Euch
    Inge

  • #2

    Edda (Montag, 29 August 2011 17:23)

    .... die Berichte hören sich ja zum Fürchten an... und dann wieder diese wunderschönen Fotos...so viele davon würde ich mir gerne hier im grauen, regnerischen Norddeutschland aufhängen.... aber wie immer .... man kann nicht alles haben... dafür schlafen wir ruhig.
    Ganz lieben Gruß von Edda und C. aus Del.

  • #3

    Jochen (Dienstag, 30 August 2011 18:05)

    "Hafenkino vom Feinsten", bah wat seid ihr fies! Warte nur, bis ich dann Hand anlege...!
    Ich finde das jedenfalls ganz toll, Georg, dass du deine Expertise bis zu unserem Eintreffen so engagiert erweiterst!
    Trotzdem wünsche ich euch sanftere Brisen.
    LG, Jochen

  • #4

    Heinz (Mittwoch, 31 August 2011 20:40)

    Eure Fotos, also das ist ja nicht zu glauben. Wie im Urlaub! In mir kommen viele Erinnerungen aus griechischen Urlaubstagen wieder hoch. Aber den Wind kenne ich nicht so, nicht vom Festland. Irgendwie hast du, Georg, schon so was griechsches an dir. Besonders auf Bild 6. Oder liegt dass an dem geistlichen Beistand (Bild 9)? Macht weiter so, besonders mit dem Urlaub. Grüße aus der alten Welt von Heinz

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